EuGH-Urteil zur Verarbeitung sensibler Daten: Notwendigkeit einer doppelten Rechtsgrundlage gemäß Art. 9 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 DSGVO

Kontext und Bedeutung des Urteils

Die Verarbeitung spezieller Kategorien personenbezogener Daten, oft als sensible Daten bezeichnet, ist ein heikles Thema im Datenschutzrecht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich in einem richtungsweisenden Urteil klargestellt, dass die Verarbeitung dieser Daten nicht nur einen speziellen Ausnahmetatbestand nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO erfordert, sondern auch eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO.

Der Fall: MDK Nordrhein und die Verarbeitung von Gesundheitsdaten

Im Mittelpunkt des Falles stand der Medizinische Dienst der Krankenkassen Nordrhein (MDK Nordrhein), der mit der Erstellung eines Gutachtens zur Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters betraut wurde. Dies führte zu einer Kontroverse über die rechtmäßige Verarbeitung von Gesundheitsdaten des Mitarbeiters, die in einem elektronischen Archiv gespeichert waren.

EUGH

Rechtlicher Disput und bisherige Meinungsunterschiede

Vor dem EuGH-Urteil herrschte Uneinigkeit darüber, ob für die Verarbeitung sensibler Daten eine zusätzliche Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO erforderlich ist oder ob die Ausnahmeregelungen des Art. 9 Abs. 2 DSGVO ausreichend sind. Einige sahen Art. 9 Abs. 2 DSGVO als eigenständige Erlaubnisnorm, während andere eine zusätzliche Grundlage nach Art. 6 Abs. 1 für notwendig hielten.

Klärung durch den EuGH: Eine doppelte Rechtsgrundlage ist erforderlich

Der EuGH stellte klar, dass die Verarbeitung von Gesundheitsdaten nur dann rechtmäßig ist, wenn sie neben den spezifischen Anforderungen des Art. 9 Abs. 2 DSGVO auch eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllt. Diese Entscheidung bestätigt, dass die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung auch bei sensiblen Daten Anwendung finden.

Auswirkungen auf die Praxis: Überprüfung und Anpassung erforderlich

Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für Verantwortliche, die sensible Daten verarbeiten. Sie müssen nun sicherstellen, dass ihre Verarbeitungsaktivitäten nicht nur den speziellen Anforderungen des Art. 9 DSGVO genügen, sondern auch eine klare Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO haben. Dies könnte eine Überprüfung und Anpassung der Datenschutzdokumentation und -verfahren erforderlich machen, um beide Anforderungen zu erfüllen.

Fazit: Ein Schritt hin zu mehr Klarheit und Rechtssicherheit

Das Urteil des EuGH bringt dringend benötigte Klarheit in die Verarbeitung sensibler Daten unter der DSGVO und stellt sicher, dass die Verarbeitung solcher Daten auf einer soliden rechtlichen Grundlage beruht. Verantwortliche sind nun angehalten, ihre Verarbeitungstätigkeiten im Lichte dieser Entscheidung sorgfältig zu überprüfen und anzupassen.